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Mädchen links, Jungen rechts

Als ich nach Essen gezogen bin, habe ich mir nichts dabei gedacht, ob ich links oder rechts der Rüttenscheider Straße wohne. Es sollte vor allem schön und bezahlbar sein. Intuitiv bin ich auf der "richtigen" Seite, im Mädchenviertel gelandet. In Rüttenscheid gibt es nämlich ein interessantes Phänomen zu beobachten. Die von der Rüttenscheider Straße abgehenden Straßen sind zur Linken und zur Rechten aufgeteilt in das “Mädchenviertel” und das “Jungenviertel”.

 

Zu Beginn der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts, waren die Häuser durchnummeriert. Dies war um 1900 kein Problem, da Rüttenscheid noch nicht sehr dicht besiedelt war. Wie in vielen anderen Städten des Ruhrgebiets, stieg auch in Rüttenscheid, das zu dieser Zeit noch eigenständig war, die Einwohnerzahl durch den Aufschwung der Industrialisierung massiv an und so wurde nach einer neuen Lösung für die Straßenbenennung gesucht.

 

1895 gab es einen Beschluss der Gemeindeverwaltung, Straßennamen einzuführen. Verbunden wurden, früher wie heute, die abgehenden Viertel von der Rüttenscheider Straße, die erst Kettwiger Chaussee und später Essener Straße hieß. Links der “Chaussee” sollten alphabetisch, von Norden nach Süden, die Straßen nach Mädchennamen benannt werden, das Viertel rechts der heutigen Rüttenscheider Straße nach Jungennamen.

 

Diese Maßnahme stieß nicht überall auf Gegenliebe. Während der Eingemeindung von Rüttenscheid zur Stadt Essen im Jahr 1905, konnte das System nicht weitergeführt werden, da es sonst zu Mehrfachnennung von Straßen gekommen wäre. In Rüttenscheid hält man allerdings weiterhin an der Tradition fest. Wird innerhalb von Rüttenscheid eine neue Straße benannt, bleibt dies links wie rechts ganz in der Tradition des Viertels. Dies zeigen die neueren Straßennamen wie die Roswithastraße oder der Helgaweg.

Fotos und Text: Sara Fischer

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 Verena Meyer

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