
Einmal im Jahr kehre ich mit meinem Mann zurück. Dahin, wo wir wunderbare Studienjahre verbracht haben, dahin, wo wir uns kennengelernt haben. An diesen Ort, der auf den ersten Blick wenig Romantisches verströmt. An diesen Ort, der trotzdem so viele warme und schöne Erinnerungen in sich birgt. Frank Goosen würde sagen: "Woanders ist auch scheiße." Aber ganz ehrlich, uns gefällt sie, unsere Ruhr Universität Bochum. Kurz: RUB.
Sie ist der gleiche Jahrgang wie mein Mann. Im Juni 1965 wurde der Lehrbetrieb aufgenommen und die RUB offiziell eröffnet. Begonnen wurde der Bau bereits im Jahr zuvor, mit den Erdarbeiten für die Gebäude der Ingenieurwissenschaften. Durch die Verwendung eines einheitlichen Rastermaßes für die Struktur der Gebäude konnten Betonfertigteile direkt auf der Baustelle in industriellen Gussverfahren hergestellt werden. Der fast alleinige Baustoff Beton sowie die strenge Symmetrie der Gebäudekomposition - 13 Hauptgebäude gruppieren sich in vier symmetrischen Komplexen aus je drei bis vier Hochhäusern um die Mensa, das Audimax, die Universitätsbibliothek und das Forum der Universität - erzeugen auf den ersten Blick einen tristen Gesamteindruck. Auf den zweiten Blick aber kann man das Spannende und Reizvolle an der Architektur entdecken.
Dem architektonischen Konzept von Helmut Hentrich liegt sogar ein sehr poetischer Gedanke zugrunde, nämlich der, ein „Hafen im Meer des Wissens“ zu erschaffen. Die Gebäude selbst symbolisieren dabei die Schiffe, die an ihren Zugängen „angelegt“ haben, das Dach des Audimax an eine Muschel. Dazu passend wurde Anfang der 1990er-Jahre das Dach der Straßenbahn-Station „Ruhr-Universität“ wie Wellen konstruiert.
"Unsere" Gebäude sind die gelben Hochhäuser, in denen die Geisteswissenschaftler*innen ihr Zuhause haben. Um hierher zu gelangen, müssen wir also nur den gelben Pfeilen folgen.
Vieles ist noch so, wie in den 80ern, als wir täglich über den Campus gingen. Die losen Betonplatten am Boden kippeln und rumoren bei so manchem Tritt. Die Plakate von ASTA & Co hängen noch wie ehemals an den Schwarzen Brettern und die braunen Klappstühle im Hörsaal HGB gibt es auch noch.
Vieles ist aber auch neu: Es gibt nun ein viertes G-Gebäude, einen Kindergarten für die "Uni-Zwerge" und das Audimax ist nicht mehr die Heimat der Bochumer Philharmoniker. Seit 2000 bekommen die Studierenden statt Magister oder Diplom auch hier Bachelor und Master. Und das Siegel der RUB fungiert dabei nicht mehr als Logo, sondern ziert ausschließlich die Urkunden, Zeugnisse und Dokumente.
Aber Prometheus und Epimetheus erinnern auch heute noch an die Vision, sowohl die Disziplinen der modernen Wissenschaft als auch ihre Akademiker*innen miteinander zu verbinden und in Austausch zu bringen. Da ist es doch von Vorteil, dass alle 193 Studiengänge, die von mehr als 43.000 Menschen belegt werden, so dicht beieinander zu haben. Auch wenn der Hafen des Wissens aus diesem Grund auf den ersten Blick wie eine riesige Lernfabrik erscheinen mag. Der zweite Blick lohnt sich immer. Nicht nur bei Gebäuden.
Fotos: Verena Meyer
www.ruhr-uni-bochum.de
Kommentar schreiben