Genau heute vor zwölf Jahren standen mein Mann und ich schon einmal hier vor dem Rathaus in Bochum. An diesem Tag haben wir uns auf dem hiesigen Standesamt das Ja-Wort gegeben. Warum gerade hier? Weil wir uns in Bochum kennen und lieben gelernt haben als Studenten der Ruhr Universität. Und dann, vierzehn Jahren später, kamen wir zur spontanen Entscheidung, die wilde Ehe zu beenden und uns in "unserer" Stadt trauen zu lassen.
Grund genug, heute einen sentimentalen Bummel durchs sonnige Bochum zu machen und einmal zu schauen, welche Orte von damals noch da sind und was sich in all der Zeit verändert hat.
Die erste Haltestelle ist natürlich das Rathaus. Zwischen 1926 und 1931 entstand der prächtige Bau von Karl Roth hier.
Ebenso imposant ist die Glocke vor dem Rathaus. Sie hat einen Durchmesser von 3,13 Metern und ein Gewicht von 15.000 Kilogramm. Im Jahr 1867 wurde sie als größte von vier Glocken zur Eröffnung der Weltausstellung in Paris geläutet.
Zum Brunnen des Glücks im Innenhof gelangen wir heute nicht. Alles verriegelt. Aber glücklich sind wir ja auch so!
Weiter gehts durch die Kortumstraße in Richtung des legendären Bermudadreiecks, das weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist für seine einmalige Konzentration von Kneipen, Biergärten, Restaurants, Kinos und Diskotheken.
Das Kaffee Konkret, in dem es den allerersten Kuss und ein Frühstück am damaligen Hochzeitstag gab, ist zwar noch da, aber coronabedingt geschlossen. Was solls, gibt es halt die schon von Grönemeyer besungene Currywurst. Gehste inne Stadt, was macht dich da satt ...? Stilecht aus dem Bratwursthaus mit Pommes Mayo on top. Guten Appetit.
Der Verdauungsspaziergang durchs Karree führt vorbei am neuen Musikforum. In diesem Konzerthaus sind seit 2016 unter anderem die Bochumer Philharmoniker beheimatet. Das Foyer bildet die ehemalige Marienkirche. Hier um die Ecke im Kolpinghaus habe ich als Studentin die Nächte meines ersten Wintersemesters verbracht. Es herrschte eine echte Wohnungsnot Ende der achziger. Crazy.
Alteeingessen ist der "intershop" schräg gegenüber, unsere ehemalige Stammkneipe an der Ecke Viktoriastraße/Kerkwege. Unangepasst, düster, laut - und schwer sympathisch. So war sie und ist sie auch heute noch. Hier begannen und endeten viele Touren durch das Nachtleben. Feucht fröhliche Erinnerungen werden wach.
Aber mal weg von der Kneipenkultur. Mitten durch die City schlendern wir zurück bis zur Altstadt. Das traditionsreiche Kortumhaus sieht von Außen immer noch so aus wie früher, innen aber sind nun die üblichen Ketten und kein wunderschönes Warenhaus mehr untergebracht. Leider.
Vor der Pauluskirche steht immer noch die trauernde Alte, eine wunderschöne Skulptur zum Gedenken der Opfer des Zweiten Weltkriegs, geschaffen vom Bildhauer und Graphiker Gerhard Marcks. Wir bleiben stehen und betrachten das gramgebeugte Wesen. Selten sieht man ein derartig schönes Denkmal. Vielleicht stammt die Basaltlava, aus der die Figur gehauen, ist ja aus der Eifel, in der wir gerade unseren Sommerurlaub verbringen durften?
Durch die Pariser- gelangen wir zur Bongardstraße und laufen direkt auf die nächste Skulptur zu, welche Fritz Kortebusch, den letzten städtischen Kuhhirten Bochums zeigt. Das Denkmal steht an der Stelle, an der sich ganz früher mal das alte Bochumer Rathaus im Fachwerkhausstil befand. Hier schließt sich also ein wenig der Kreis zum Beginn unseres Bummels.
Ein kurzer Blick noch in die Propsteikirche, in der bereits die Weihnachtskrippe aufgebaut ist, und auf das alte Brauhaus Rietkötter, ein wirklich tolles Traditionsgasthaus hier im Brückviertel, in dem man nicht nur ein lecker Pilschen aus der Bochumer Privatbrauerei Moritz Fiege genießen kann, dann geht es zurück nach Hause. Ein Lächeln im Gesicht und ein Liedchen auf den Lippen: Tief im Westen ... ist es besser, viel besser als man glaubt.
Fotos: Verena Meyer
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