Ich fahre die leicht ansteigende Straße hinauf und erwarte eigentlich nichts Besonderes. Doch oben angekommen, warten echte architektonische Überraschungen auf mich: Eine Burg und viele schöne Fachwerk- und denkmalgeschützte Häuser! Die berühmtesten haben sogar einen Namen. Man nennt sie das “5 Giebel Eck”. Ich steige also aus und flaniere neugierig durch die Gassen.
Die Burg, so lese ich, wurde bereits zwischen 1250 und 1274 von den Grafen von der Mark errichtet und war wohl als märkischer Vorposten gegen die kurkölnische Burg Volmarstein gedacht. Neben Altena, Hamm und Hörde ist Wetter an der Ruhr daher eine der vier Kreisstädte der Grafschaft Mark.
Im Stadtkern entdecke ich überall liebevoll gestaltete Vorgärtchen und besondere Dekorations- und Gestaltungselemente. Durch die sehr kleinen Grundstücke scheint sich das soziale Leben auf die Vorplätze und Straßen der Stadt zu verlegen. Gartenmöbel vor der Haustür lassen privates und öffentliches Leben nahezu verschmelzen. Ich habe gar nicht das Gefühl, im Ruhrgebiet zu sein. Und doch bin ich mittendrin. Zwischen Ruhrgebiet und Sauerland sozusagen.
Im Jahr 1819 gründete Friedrich Harkort, oft auch „Vater des Ruhrgebiets“ genannt, auf der ehemaligen Burg Wetter die “Mechanischen Werkstätten Harkort & Co.”, eine der ersten Maschinenbaufabriken in Deutschland und machte die mittelalterliche Stadt so zum Industriestandort. Nach ihm ist hier so manches benannt: Harkortberg und Harkortturm zum Beispiel. Sogar Wetter selbst wird oft Harkortstadt genannt. Welch eine Ehre.
Der 1930 angelegte Harkortsee ist denn auch eines der Schmuckstücke von Wetter. Er ist fünf Kilometer lang, 600 Meter breit und mit seinem am Ufer gelegenen Naturbad sowie den Rad- und Wanderwegen ein beliebtes Ziel für alle Ausflügler.
Sogar der Ruhrtalradweg führt hier entlang und bietet so die Möglichkeit, über Essen bis nach Duisburg zu radeln, denn an der Rheinorange, da wo die Ruhr in den Rhein fließt, endet der Radweg.
Trotz seiner wirklich langen Geschichte ist Wetter an der Ruhr im letzten Jahr erst 50 Jahre geworden (Glückwunsch nachträglich), denn die heutige Stadt wurde nach der kommunalen Neugliederung 1970 gegründet. Aber egal ob alt oder jung, sie ist die schönste mittelalterliche Blase im Pott und eine herrliche Entdeckung.
Fotos: Sara Fischer
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